- Römische Götter
- Römische GötterDie HerkunftDa die römischen Götter in der europäischen Kultur spätestens seit der Renaissance lange Zeit auch für die griechischen standen, war ihr eigener Charakter verdeckt. Die Identifizierung von Jupiter mit Zeus, Juno mit Hera, Minerva mit Athene usw. geschah aber erst etwa vom 6. bis zum 3. Jahrhundert v. Chr.Über die frühen römischen Götter gibt es wenige direkte Quellen. Im zentralisiert gesteuerten Römischen Reich war die Verehrung der Gottheiten allerdings im Festkalender fixiert, der überliefert ist, z. T. durch Inschriften, deren älteste aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. stammen. Die fragmentarisch erhaltenen Kultlieder der Priesterbruderschaften der Salier und der Fratres Arvales geben Hinweise auf frühzeitig verehrte Gottheiten; aus späteren literarischen Werken, z. B. aus Ovids »Fasti«, aus Schriften des Gellius und des Plutarch, kann die alte römische Religion gleichfalls erschlossen werden.Der Charakter der römischen GötterIn der römischen Religion vermischten sich uralte bäuerliche (italische) mit aristokratischen (etruskischen) Vorstellungen, die später von griechischen Einflüssen überformt wurden. Im Gegensatz zu den Griechen gaben die Römer ihren Göttern ursprünglich weder eine menschliche Gestalt noch familiäre Beziehungen; Machtkämpfe, Liebesabenteuer und Ähnliches, wie sie den griechischen Göttern zugeschrieben werden, sind bei den römischen unbekannt, auch ein Schöpfungsmythos existiert nicht. Vielmehr gleichen die Götter der frühen Zeit abstrakten Mächten (»Numina«), die in ihren - häufig eng begrenzten - Geltungsbereichen das Handeln der Menschen bestimmten. Dementsprechend groß war ihre Zahl, von vielen sind nur die Namen überliefert.In der bäuerlichen Gesellschaft der frühen Republik waren vor allem die Gottheiten wichtig, die die Fruchtbarkeit der Äcker und Herden gewährten (so Ceres, Tellus, Ops, Flora); die Stadtgemeinde Rom hatte Ortsgötter, die über ihr Schicksal wachten (Quirinus, Vesta). Über die höchsten Götter der Frühzeit ist wenig bekannt. An der Spitze stand aber bereits Jupiter, der von Beginn an als besonderer Schutzherr der Latiner galt. Ihm zur Seite standen Mars und Quirinus. Durch die etruskische Herrschaft wurden diese durch die »Kapitolinische Trias« Jupiter - Juno - Minerva abgelöst.Die römischen Götter hatten eine Vielzahl von Beinamen, die jeweils speziellen Funktionen gewidmet waren und mit besonderen Festen gefeiert wurden: Jupiter war an erster Stelle Jupiter Optimus Maximus (der Höchste und Größte), aber auch der Unbesiegbare (Jupiter Invictus), der Gott des Blitzes (Jupiter Fulgur), des Donners (Jupiter Tonans) und des Regens (Jupiter Pluvialis); Juno war als Beschützerin der Frauen u. a. Schutzherrin der Hochzeit (Juno Pronuba) und Helferin bei der Geburt (Juno Opigena); Mars war u. a. der Unbesiegbare (Mars Invictus) und der Rächer (Mars Ultor).Neben diesen, in den verschiedenen Gemeinwesen angebeteten Göttern kannten die Römer persönliche Gottheiten und solche der Familie. Jeder Mann hatte seinen »Genius«, die vergöttlichte Zeugungskraft, deren großes Fest der Geburtstag (des Hausherrn) war; für die Fruchtbarkeit der Frau stand ihre »Juno«. Den Schutz des Hauses, vor allem des Herdes, sicherte der Lar familiaris (später zwei Laren). Eine ähnliche Funktion hatten die Penaten, mit dieser Bezeichnung fasste man alle Gottheiten zusammen, die im Inneren des Hauses angebetet wurden. Dem Haus und der Familie Unheil bringende Mächte mussten abgewehrt werden, so die Lemuren, die Todesgeister, die Todesgöttin Libitina und Febris, die Göttin des Fiebers.Die römischen Gottesvorstellungen schlossen eine Vielzahl von Abstraktionen ein. Wünschenswerte Eigenschaften, erstrebenswerte Ziele und Ideale wurden als Personifikationen angebetet. Die älteste Gottheit dieser Art ist wahrscheinlich Fides, die Eidestreue, deren Kult zwar erst seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. nachgewiesen ist, aber der Sage nach auf König Numa Pompilius zurückgeht. Weitere wichtige Gottheiten dieser Art waren Virtus, die Tapferkeit im Krieg, Concordia, die Eintracht, Libertas, die Freiheit, Juventas, die Jugend, Pietas, die Frömmigkeit. In der Kaiserzeit expandierten diese Vergöttlichungen und wurden um Begriffe wie Felicitas (Glückseligkeit) und Justitia (Gerechtigkeit) bereichert.Der Kult - dargebracht von Priestern an heiligen Stätten (heilige Haine, Altäre unter freiem Himmel, Tempel) - bestand in Opfern (Feldfrüchte, Tiere), die nach genauen Regeln geleistet werden mussten, in Weihgaben, die in den Tempeln hinterlegt und aufbewahrt wurden und im Gebet. Kultbilder gab es kaum. Ziel des Kults war die Herstellung des Friedens mit den Göttern (Pax Deorum). Wichtig war dafür die Erforschung ihres Willens, vor allem durch Beobachtung des Vogelflugs (Auspizien) und durch die (von den Etruskern übernommene) Praktik, die Leber der Opfertiere zu deuten (Leberschau). Im öffentlichen Leben nahmen die den Göttern gewidmeten Feste und Spiele eine beherrschende Rolle ein.Die Götter der Römer in ihren Unterschieden zu denen der GriechenDie Kenntnis der antiken Gottheiten gelangte vor allem durch die Vermittlung der Römer in die europäische Kultur. Die Mythen der Griechen wurden von den Römern übernommen, wobei die Namen ausgetauscht wurden. Die Dichter, herausragend Vergil und Ovid, gestalteten sie als Meisterwerke der römischen Literatur, veränderten und ergänzten sie allerdings, indem sie den Ursprung der römischen Geschichte, wie er in den einheimischen Mythen überliefert war, mit einbezogen: Der Troer Aeneas, der schon in der »Ilias« auftaucht und von dessen göttlicher Abstammung (die Mutter ist Aphrodite, der Vater der Götterspross Anchises) der »Homerische Hymnus« an Aphrodite berichtet und dessen weiteres Schicksal Gegenstand italischer Sagen war, wurde bereits bei Cato zum Ahnherrn der Latiner und damit der Römer. Vergil schuf schließlich mit der »Aeneis« das römische Nationalepos, das den römischen Machtanspruch durch göttliches Wirken rechtfertigte.Jupiter (Iupitter), oberster Himmelsgott, ist auch sprachlich verwandt mit dem griechischen Zeus, mit dem er später identifiziert wurde. Die Funktionen waren ähnlich: Wie Zeus war Jupiter Gott des Blitzes und des Donners, Herr des Regens, Wächter über Verträge und Eide. Als Schutzgott des Latinerbundes war er von alters her Beschützer der Römer, der ihnen als Jupiter Stator Standhaftigkeit im Kampf verlieh. Zentrum des Jupiterkults für das gesamte Römische Reich war das Kapitol, dessen erster Tempel - für Jupiter Optimus Maximus - der Sage nach bereits im ersten Jahr der römischen Republik (509 v. Chr.) fertiggestellt wurde.Mars (Mavors), der der älteren Göttertrias angehörte, hat wenig mit dem griechischen Ares gemein. Er war weitaus geachteter als dieser, der erste Monat des römischen Kalenders, der März, war nach ihm benannt. Sein Charakter war nicht nur kriegerisch. Mit den Zügen eines Vegetationsgottes ausgestattet, gab er dem Vieh Gesundheit und schützte die Ernten. Die Priesterbruderschaft der Salier huldigte dem Kriegsgott mit Kriegstänzen vor und nach jedem Feldzug. Sein Symbol waren die Lanzen, die der Feldherr vor jedem Kriegszug schütteln musste. Einen herausragenden Rang nimmt Mars in der Gründungssage Roms als Vater der Zwillinge Romulus und Remus ein.Wichtigste Göttin war schon früh Juno. Funde auf den Hügeln der Stadt Rom (Palatin und Esquilin) deuten auf den uralten Kult einer Geburts- und Fruchtbarkeitsgöttin hin, eine der wichtigsten Funktionen der Juno. Auch als Mondgöttin wurde sie verehrt. Den mittelitalischen Städten galt sie als Stadtherrin: Livius berichtet, dass das Kultbild der Göttin selbst zustimmte, als es von Veii nach Rom gebracht wurde, nachdem die Römer 392 v. Chr. die etruskische Stadt unterworfen hatten. In Rom erhielt sie als Juno Regina einen Tempel auf dem Aventin und gehörte zur Kapitolinischen Trias. Zur Gemahlin des Jupiter wurde sie erst durch die Gleichsetzung mit Hera.Gleichfalls uralt ist der Kult der Diana, auch sie gilt als Beschützerin der Frauen, außerdem - wie Artemis, mit der sie frühzeitig identifiziert wurde (wohl unter dem Einfluss des berühmten Heiligtums in Ephesos) - Natur- und Fruchtbarkeitsgöttin. Unter ihrem besonderen Schutz standen die Sklaven, die das Fest der Göttin (13. August) feiern durften. Eines der ältesten Heiligtümer befand sich in Arcia in den Albanerbergen. Beliebt vor allem bei den Plebejern war Ceres, der griechischen Ackerbau- und Fruchtbarkeitsgöttin Demeter von Beginn an verwandt. Sie wurde zusammen mit dem altitalischen Gott Liber und seiner Schwester Libera verehrt (später mit Dionysos/Bacchus und Persephone gleichgesetzt). Bereits 493 v. Chr. erhielt diese Trias einen eigenen Tempel in Rom. Plebejisch geprägt war auch der Kult des Merkur, der schon für das Jahr 495 v. Chr. bezeugt ist; in den Funktionen waren sich der griechische Hermes und seine römische Entsprechung sehr ähnlich. Gering sind auch die Unterschiede zwischen Athene und Minerva. Die römische Göttin war vor allem Beschützerin der Handwerker, Künstler und Ärzte, auch Stadtgöttin Roms. Kein italisches Pendant gab es für Apoll, dessen frühe Verehrung (vor allem als Apollo Medicus) das berühmte Kultbild des »Apoll von Veii« (6. Jahrhundert v. Chr.) belegt. Dagegen war Neptun als Gott des fließenden Wassers eine eigenständige Gottheit, die während der sommerlichen Trockenheit um Regen angefleht wurde; die Gleichsetzung mit Poseidon erfolgte erst im 3. Jahrhundert v. Chr., allerdings nahm Neptun nie die finsteren Züge des griechischen »Erderschütterers« an. Der italischen Venus wurde wie der griechischen Aphrodite als Göttin der Liebe gehuldigt. Ihr populärer Kult ist seit dem frühen 3. Jahrhundert v. Chr. nachweisbar. Mit der Eroberung Siziliens und damit auch der griechischen Kolonien auf der Insel durch Rom im 1. Punischen Krieg wurde das uralte Aphrodite-Heiligtum von Eryx römisch und die griechischen Mythen (vor allem die Verbindung Aeneas - Aphrodite) auf Venus übertragen, die nun Beschützerin der Römer wurde. Cäsar erklärte sie sogar zur mythischen Stammmutter seines Geschlechts, für die er als »Venus Genetrix« einen Tempel bauen ließ.Nicht zu vergleichen in ihrer kultischen Bedeutung sind die römische Vesta und die griechische Hestia. Während Letztere vor allem Göttin des häuslichen Herdes war (obwohl ihr heiliges Feuer auch an einer zentralen Stelle jedes Gemeinwesens brannte), nahm die latinische Feuergöttin Vesta in ihrer Funktion als Göttin des römischen Staatsherdes einen herausragenden Platz im gesamten Römischen Reich ein. Das an jedem Neujahrstag neu entfachte ewige Feuer wurde von den Vestalinnen unterhalten. Diese Priesterinnen wurden im Kindesalter ausgewählt und waren während ihres 30-jährigen Dienstes zur Jungfräulichkeit verpflichtet. Das Feuer des Vesta-Tempels stand für die Ewigkeit Roms, erst Theodosius der Große ließ es mit seinem Verbot des heidnischen Kults 392 löschen.Italischen Ursprungs sind auch Volcanus (Hephaistos), Faunus (Pan), Saturn (Kronos), die drei Parzen (Moiren); die griechischen Mythen wurden mehr oder weniger übernommen und den römischen Gegebenheiten angepasst. Die Unterweltsgöttin Proserpina ist identisch mit der griechischen Persephone (während der mit ihr verbundene Dis Pater die griechischen Götter Hades und Plutos vereint); die blutige Kriegsgöttin Bellona ist verwandt mit der griechischen Enyo, der Begleiterin des Ares; die Reihe ließe sich fortsetzen. Andere spielten in der römischen Religion mit ihrer Verehrung abstrakter Begriffe eine weitaus wichtigere Rolle als in der griechischen, so Justitia (Dike), Victoria (Nike), Fortuna (Tyche).Stark modifiziert ist die Stellung des Herakles: Der populäre griechische Held wird erst nach seinem Tod zum Gott erhoben, der römische Hercules wurde seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. als Gott kultisch verehrt; auch sind Mythen überliefert, die sich auf römisches Gebiet beziehen (so der Kampf gegen den Riesen Cacus). Er galt als Beschützer des Handels, später der Soldaten.Eine weitere Gruppe von Göttern hat in der griechischen Religion kein Vorbild. Hier ist zuerst Janus zu nennen. Der doppelgesichtige, häufig auf Münzen abgebildete Gott ist von seinem Ursprung her römisch, die Deutung seines Namens und seine Funktionen sind aber nicht eindeutig geklärt. Gemeinhin wird er als Gott des Anfangs angesehen (im Gebet wurde er als Erster angerufen), auch als Gott der öffentlichen Tore (über die privaten Türen wachte der gleichfalls urrömische Portunus). Möglicherweise stand er - vor Jupiter - an der Spitze der Götterhierarchie. Sein Name ist mit jenem Tor zum Forum verknüpft, dessen Türflügel nur geschlossen waren, wenn Frieden im ganzen Römischen Reich herrschte (in historischer Zeit nur nach dem 1. Punischen Krieg und dreimal unter der Herrschaft des Augustus). Sehr geheimnisvoll und kaum zu entschlüsseln ist die Gestalt des Quirinus, mit Jupiter und Mars zur ältesten Göttertrias gehörend. Er wurde später in der Gestalt des Romgründers Romulus verehrt und nur noch der Name des Quirinal erinnert an ihn.Auch die im Kult eng mit Ceres verbundene Tellus (später Terra Mater) hat keine direkte Verbindung zur griechischen Gaia, sie war eine allumfassende Fruchtbarkeitsgöttin. Eine weitere, um Fruchtbarkeit, Reichtum und Überfluss angerufene Göttin römischen Ursprungs war Ops (später allerdings, nun als Gemahlin des Saturn, mit der griechischen Rheia gleichgesetzt), mit ihr gemeinsam wurde Consus verehrt, gleichfalls ohne griechisches Pendant. Der Erntegott hatte einen unterirdischen Altar am Circus Maximus. Für eine gute Ernte standen auch Flora, die Göttin der Obstbaumblüte, und Pomona, die Göttin des Reifens der Früchte.Der Kaiser als GottDen göttlichen Ehren, die den Kaisern erwiesen wurden, ging der Kult der Dea Roma voraus, der zur Göttin erhobenen Stadt Rom, was allerdings nur in den Provinzen praktiziert wurde, besonders in Kleinasien. Daraus und aus dem Kult des kaiserlichen Genius entstand der Kaiserkult. Schon Julius Cäsar wurden mit Statuen im Jupiter- und im Quirinustempel zu Lebzeiten göttliche Ehren zuteil, nachdem er 46 v. Chr. für zehn Jahre zum Diktator ernannt worden war. 29 v. Chr. wurden in Pergamon und Nikomedeia Tempel für die Dea Roma und Augustus errichtet, knapp zwei Jahrzehnte später schlossen sich die westlichen Provinzen diesem Brauch an (hier vor allem als Loyalitätsbekundung). Augustus gestattete die Verehrung seiner Person nur gemeinsam mit der Dea Roma; direkt in Rom war nur der Kult des »Genius Augusti« üblich. Nach seinem Tod im Jahre 14 wurde er durch die Zeremonie der Apotheose zum Gott erhoben, erhielt den Titel »Divus« und Priester, die ihm dienten. Unter den Nachfolgern des Augustus erhielten zunächst nur Claudius, Vespasian und Titus die göttlichen Ehren nach dem Tod, für den lebenden Kaiser galt immer noch die Verehrung seines Genius. Nur Nero, Caligula, später Commodus ließen sich, z. T. in grotesken Formen, schon zu Lebzeiten als Gott anbeten. Seit dem Ende des 1. Jahrhunderts v. Chr. wurde die Apotheose jedem Kaiser - unabhängig von der Regierungsleistung - zuteil, und mit Diokletian wurde der lebende Kaiser einem (bestimmten) Gott gleichgesetzt.Die Götter des OstensDie Römer übernahmen ihre Götter nicht nur von den Griechen. Etwa seit dem Ende des 3. Jahrhunderts v. Chr. drang auch die Verehrung orientalischer und ägyptischer Gottheiten über die Provinzen bis nach Rom vor. Bereits im Jahre 204 v. Chr. wurde der Kult der Kybele als »Magna Mater« eingeführt; die bei drohender Gefahr für Rom befragten sibyllinischen Bücher hatten dies befohlen, um Hannibal aus Italien zu vertreiben. Um die orgiastische Ekstase, die die wilde phrygische Naturgöttin von ihren Anhängern forderte, von den Römern fernzuhalten, dienten ihr nur Priester orientalischer Herkunft. Der Kult ihres Begleiters Attis wurde besonders von Kaiser Claudius gefördert; in großen Frühlingsfesten wurde des Todes und der Auferstehung des Jünglings gedacht.Zusammen mit dem Kult der Kybele und des Attis drang die Verehrung der westsemitischen Fruchtbarkeitsgöttin Atargatis (hervorgegangen aus der Verschmelzung der Anat und der Astarte) aus dem östlichen Mittelmeergebiet ins Römische Reich vor. Lukian schildert den orgiastischen Dienst an der »Dea Syria«, die vor allem von Sklaven und Soldaten als Allgöttin verehrt wurde, Nero gehörte ebenfalls zu ihren Anhängern. Wild bis zur Raserei war auch der Kult der kappadokischen Kriegsgöttin Mâ, für die im Jahre 48 v. Chr. ein Tempel errichtet wurde. Sie ging später in der römischen Bellona auf.An der Spitze der im Römischen Reich populären ägyptischen Götter stand Isis, die allerdings auf ihrem Weg durch die hellenistische Welt Züge anderer Gottheiten aufnahm, die ihren ursprünglichen Charakter veränderten: Aus der Verkörperung der Macht (als Mutter des Horus und damit des Pharaos) wurde eine Universalgottheit, die eins war mit den griechischen Göttinnen Tyche und Demeter. Ihr Mysterienkult (geschildert von Apuleius) drang schon unter Sulla nach Rom vor, wurde - wie andere ägyptische Kulte - anfangs bekämpft, erfreute sich aber immer größerer Beliebtheit, sodass schließlich Kaiser Domitian ihr einen offiziellen Tempel bauen ließ. Mit Isis zusammen wurde, wie in der ganzen hellenistischen Welt, ihr Gemahl Sarapis verehrt.Der weitaus wichtigste, von außen ins Römische Reich vorgedrungene Mysterienkult war seit dem 1. Jahrhundert n. Chr. jedoch der des Mithras. Sein Ursprung ist nicht endgültig geklärt. Neue Forschungen gehen davon aus, dass die Gestalt den indoiranischen Vertragsgott Mithra (lateinisch Mithras) mit dem griechischen Heros Perseus verbindet; sie geben der Stiertötungsszene, mit der Mithras in seinen Heiligtümern (Mithräen) dargestellt ist, eine astronomische Deutung, die erlaubt, in dem Gott eine über den gesamten Kosmos gebietende Macht zu sehen (als Sol invictus). Der ausschließlich Männern vorbehaltene Kult erfreute sich vor allem bei den Legionären großer Beliebtheit. Die auf dem gesamten Territorium des Römischen Reiches gefundenen Reste der Mithräen (in Deutschland u. a. in Ladenburg und Heidelberg-Neuenheim, in Österreich in Carnuntum, in Ungarn in Aquincum) verweisen auf die gesamtrömische Verbreitung des Mithraskultes, der zeitweise gleichrangig neben dem frühen Christentum stand.Das Weiterleben der römischen GötterWie oben schon gesagt, waren die Namen der römischen Götter in der abendländischen Kultur sehr viel bekannter als die der griechischen. Da Ovid auch im christlich geprägten Bildungswesen des Mittelalters zur Schullektüre gehörte, waren Namen und (ursprünglich griechische) Mythen immer präsent, sei es in Metaphern und Allegorien oder als Angleichung an die christliche Überlieferung (so wurde der Unterweltsgott Dis mit dem Teufel identifiziert). Die Planeten waren nach den römischen Göttern benannt und den in ihrem Zeichen Geborenen wurden Eigenschaften zugeschrieben, die an den jeweiligen Gott erinnerten (die Kinder des Merkur galten als wissbegierig, die der Venus als vergnügungssüchtig). Griechische Kunstwerke erhielten römische Namen: Die berühmte »Aphrodite von Melos« wurde weltbekannt als »Venus von Milo«, und Schiller verarbeitete den griechischen Demeter-Mythos in seinem Gedicht als »Die Klage der Ceres«.
Universal-Lexikon. 2012.